Da ich die letzten 1,5 Jahre mit Krebs, Chemo und Bestrahlung verbrachte, hatte ich viel Gelegenheit, mich durch den Zeitschriftenmarkt und die Wartezimmer zu lesen.

Für Bücher reichte weder die Konzentration noch konnten mich die Geschichten fesseln. Irgendwie verblassten sie vor meiner Realität. Was ist schon wichtig, wenn man mit dem Kinn auf der Klobrille versucht, dem Tod eins auszuwischen.

Eins meiner liebsten Hobbys starb noch vor mir. (Ich hatte vor 3 Monaten eine Wiedererweckung mit „the fifth season“ von N.J. Jemisin und meine absolute Lieblingszeitschrift „Dummy“ bekomme ich dank meines lieben Gatten im Abo.)

Mit dem Älterwerden und dem Krebs habe ich festgestellt, dass ich bestimmte Frauenzeitschriften nicht mehr lesen kann, ohne mich über blöde Wortspiele und affektierte

Autoren zu ärgern. Falsche Grammatik, Tippfehler, Copie/Paste-Fehler fallen mir immer häufiger auf.

Immer mehr „goldenes Blatt“ und immer weniger „Vanity Fair“! (VF lese ich per E-Mail-Abo & bin oft begeistert von dem geschliffenen Englisch, den tollen Bilderstrecken und dem „sich selbst nicht so erst nehmen“. Humor eben.)

Also probiere ich mich durch: Barbara Schönebergers Magazin wird erst besser, wenn ihr die Story im Artikel am Herzen zu liegen scheint. Der Rest ist lala, auf peppig und authentisch getrimmt, ohne es zu sein. Nun ja, das Heft über Familie habe ich lesen können, ohne das mein Gehirn anfängt aus meinem Ohr zu tropfen.

Großen Eindruck hat Brigitte Woman hinterlassen. Zwei Ausgaben habe ich gelesen. Da gibt es wichtige Artikel über persönliche Entwicklungen, die mich sehr inspiriert haben. Vor allem nicht dieser Selbstoptimierungsunfug.

Eine Überraschung, bin ich doch sonst von „Brigitte“ seit Jahren enttäuscht, da wird zwar viel versucht, aber irgendwie bleibt es Backen, Basteln und seltsam überspannt. Die Frauen in meiner Umwelt und ich haben ganz andere Probleme.

Oder man geht ins hochpreisige Segment zb HarpersBazaar. Hat zwar auch nichts mit meiner Realität zu tun, aber die Autoren werden wohl besser bezahlt. Jedenfalls sind die Artikel gut recherchiert, interessant und scheinen nicht auf der dementen Wortwitzwelle zu schwimmen.

Hier habe ich ein Interview mit der großartigen Jodie Foster gelesen.

Und da stand es, mein Lebensziel/Motto; als ihre Antwort auf die Frage, was sie denn in der vielen Zeit mache, wenn sie nicht dreht oder an einem Film arbeitet:

„Der Mensch werden, der ich sein will“.

Dafür verwendet sie ihre Lebenszeit, ihre Ressourcen, ihr Vermögen.

Willkommen in meiner Welt!

Berührungsarm aufgewachsen war es mir lange sehr fremd, Menschen ob nun Familie oder Freunde zu umarmen. Ein kraftvolles Händeschütteln war mir am Liebsten und sichersten. Ich war schon mit 13 groß gewachsen, so dass sich Andere auch nicht so ran trauten.
Wenn ich überrumpelt wurde, im Siegestaumel, vor Wiedersehensfreude oder weil mein Gegenüber eben „touchy“ war, genoss ich es meist. Mit zunehmendem Alter habe ich mich auch immer öfter selbst getraut und bemerkt, dass es oft die einzige wohltuende Antwort in einer Situation war und mehr ausdrückte als alles Gesagte. Und so wurde ich zum Fan der Berührungen, geradezu süchtig.
In der Liebe traute ich mich schon viel früher. Ein Kuss auf offener Straße, Händchenhalten, Umarmungen alles super! Gerade die kleinen Gesten sind mir die Liebsten, ein übers Haar oder Nacken streichen.
Seit 2007 ist das anders. Erst durch den Bandscheibenvorfall und dann erst recht durch den Unfall änderte sich alles. Jede Berührung ist seither vor allem eins, eine Quelle des Schmerzes.
Von leichtem Unbehagen bis „zuckendes Fleisch“ ist alles dabei.
Manchmal ist es nur ein weißer, heißer, gleißender Blitz, der durch meine Nerven zuckt, um dann schnell mit leisem Echo zu verglühen. Manchmal ist es nur Wind, der kühl meine Wange streift und den Schmerz aufglühen läßt, als wäre ich aus Lava. Oder die Tage an denen ich mein Gesicht nicht waschen kann, da das Wasser auf meinem Gesicht mich in einen dunklen Tunnel schleudern würde, in dem der Schmerz die Zeit auslöscht. Oder das Gefühl, meine rechte Gesichtshälfte würde wie eine Uhr von Dali nach unten hängen und wegfließen. Dieser Druck bei jeder Bewegung meiner Hände, dieses immer gegenwärtige „da ist was falsch, müde, lahm, hässlich und schmerzhaft.
Und so hat jeder Tag, jedes Wetter, jedes Kleidungsstück, jede Bewegung und jede Begegnung immer auch eine weitere Dimension, die des Schmerzes. Mein Körper versucht sich zu wappnen, innerlich versteift und „ready for impact“ hat er einen massiven Panzer gegen alles und jeden geformt. Dieses innere Anspannen, das wie eine 2. Natur geworden ist, dieses innere Misstrauen jeder Berührung und jeder Bewegung gegenüber.
Was für ein Glück, wenn man einen Physiotherapeuten gefunden hat, der es schafft, ohne zusätzliche Tortur meinen Körper zu entspannen und mir die Angst zu nehmen, meinen Körper wenigstens versuchsweise normal zu benutzen.
Wie wohltuend ist dieser Kater. Nie latscht er uneingeladen auf mir rum. Er legt sich in meine Nähe und läßt mich sein flauschiges Fell spüren oder legt mir sachte seine warme weiche Tatze auf den Arm. Er tut einfach nicht weh.
Das sind Ausnahmen. Keiner will mir wehtun, aber alle machen es. Sie können ja nichts dafür!
Mein Leben schmerzt, aber ich will und kann mich nicht aus allem und von jedem zurück ziehen! Sehne ich mich doch nach körperlicher Betätigung und Sport. Und sehne ich mich doch auch so sehr nach der liebevollen Berührung, obgleich sie schmerzt. Ist das Verlangen doch so groß, nicht unberührt leben zu wollen, nicht starr, steif und unbeweglich mein Leben auszuhalten.
Ja, Medikamente helfen, in der Badewanne rumliegen, läßt den inneren Panzer aufweichen und in den Armen meines Liebsten jubelt mein Herz. Eine Umarmung meines Sohnes ist mein Glück!
Alles aber hat seinen Preis!

Nachts geht’s mir eigentlich recht gut, außer es geht mir richtig, richtig schlecht.
Richtig schlecht ist, wenn ich erst völlig überreizt in einen Fiebertraum sinke, um dann von so starken Schmerzen geplagt aufwache, dass mir kotzübel ist. Was ich dann auch tue, das Kotzen. Wenn ich Glück habe, schlafe ich irgendwann wieder ein. Wenn ich Pech habe, geht das so 5x die Nacht. Die ersten Jahre hat mich das fast mein Leben gekostet. Erst mit aggressiver Medikation wurde es besser. Nicht dass ich nun mehr schlafen könnte, aber die starken Schmerzen und diese widerliche Übelkeit mit Kotzen sind viel seltener geworden. 2-3x im Monat reicht echt auch. Man könnte nun denken: „aha, wenigstens Schlank!“ Aber, oh no! Not in this life! Meine Kilos sind von dererlei Aktionen völlig unbeeindruckt. Zumindest damit bin ich einigermaßen im Reinen.
Ich mag ihn inzwischen ganz gerne, die alte Ruine. Mein Körper ist meine Tempelruine!
Er ist soviel gelaufen, geklettert und geschwommen. Hat ein Kind behütet 38 Wochen in absoluter Deluxesuite aufwachsen lassen, ohne viele Dehnungsstreifen, hat Milch produziert, viel Milch!
Hat mit Sport super abgenommen. Hat ohne Sport und mit Medikamenten wieder 20 kg zugenommen. Hat schon immer einen ausgeprägten Hintern gehabt und jetzt auch super Titten!
Hat mir Freude gemacht, trotz dem ich ihn geschunden habe, zB. bei „Rennsteig wandern in 5 Tagen“ mit volle Kanne Gepäck oder 12h Wanderungen in der Westtatra bei Schnee auf den Gipfeln. Er hat Auto- und Motorradfahren gelernt, ist immer noch sehr gelenkig und sieht in den richtigen Klamotten auch mal spektakulär aus. Mein Mann liebt ihn mehr als ich, was mir geholfen hat, mit ihm Frieden zu schliessen.
Er und ich wir haben eben schon eine lange Geschichte!
Ich hatte schon vor dem Unfall Rückenprobleme. Das ganze Jahr 2007 war überschattet von Schmerzen durch einen alten Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule, was zu einer Reizung von Nervenwurzeln führte. Selbst bei meiner Hochzeit in dem Jahr trug ich Ibu600 im Brauttäschchen. Ein langer Weg bis zum richtigen Arzt und der wirksamen Therapie. Nach Einspritzen von Schmerz- und Entzündungshemmern unter MRT, so 7x über 3 Monate hinweg, war es wieder ok und meine erste ambulante Reha stand an. Ich war fit wie ein Turnschuh und bereit diese 4 Wochen nachhaltig für eine Verbesserung meines Lebens zu nutzen, weniger Stress, keine 60h Wochen auf Arbeit mehr, mehr Zeit für Familie und mich selbst. Chacka!
Mitten drin, auf dem Nachhauseweg war es aber passiert, Strassenbahn von links. Sehr nachhaltige Lebensänderung!
Als ich in der Notaufnahme zu mir kam, fragte ich auch gleich, wann ich denn meine Reha weiter machen dürfte. …
An Vieles erinnere ich mich nicht, aber an die Nächte! Nach der Zeit auf der Intensivstation dämmerte ich im meinem Bett rum und konnte ein Stück des Himmels durch eine Fensterecke sehen. Jede Graustufe, jede Nacht, jeden Morgen. Um 4 Uhr wurde die Station aktiv, erstes Schlurfen über den Flur. Gegen 5 Uhr dann Schäppern und schnelle Schritte, ab 6 Uhr auch mal Rufe übern Gang und Gemaule, was welche Nachtschwester wieder nicht gemacht, aufgefüllt oder weggeräumt hätte.
Das Morgengrauen bekam eine reale Bedeutung.
Und es gab zu wenig Schmerzmittel! Heute würde man das gaaanz anders handhaben sagte mir mal ein Arzt. Damals habe ich mich zum Schwesternzimmer geschleppt und unter Tränen um Schmerzlinderung gebettelt. Ein „Sie haben doch schon was bekommen!“, habe ich nicht gelten lassen. Ich hatte zusätzlich einen völlig durch Verspannungen verhärteten Rücken und nächtelang nicht geschlafen. Ich habe sie angefleht, gebettelt und gedroht und endlich eine winzige Pille bekommen, die diesem tage- und nächtelangem Grauen ein Ende machte.
Manchmal denke ich, dass er da seinen Anfang nahm, der chronische Schmerz, dass er sich in diesen Nächten anfing einzunisten.
Ich war ja auch nie alleine im Zimmer. Von der Oma, die keinem zur Last fallen wollte und daher nie nach der Schwester klingelte aber fast verblutete, weil nach den SchulterOP irgendwelche Schläuche falsch lagen (ich klingelte dann und es gab eine kleine NotOP direkt an Ort und Stelle) bis zur verwöhnten 20 jährigen, die alle anmotzte, dafür dann aber immer zuerst alles bekam, weil jeder nur schnell wieder weg wollte. Nasenkorrekturen, Splitterfrakturen, Hirnaneurysmen, Junge, Alte, Kluge und Idioten und natürlich der ganze Anhang. Ich lernte eine Menge dabei. Nicht nur Medizinisches, auch dass ich
zB. keinen Besuch mag. Ich habe immer den Eindruck, ich müsse dann performen und meistens muss ich den Besuch noch trösten und langweilig ist es meist auch. Mein Mann hat sich mal einfach zu mir gelegt und wir haben zusammen fern gesehen. Das war wirklich sehr schön!
Im Krankenhaus scheinen alle Probleme nachts zu wachsen und bedrohlicher zu werden. Im Dunkeln bekommt so eine Blutung gleich eine ganz andere Priorität. Denn eigentlich sollen ja jetzt alle schlafen!
Und das ist das Schöne an der Nacht zu Hause! Die Welt steht still.
Ich bin in meinem Bett und die Chance das jmd. anruft, was von mir will oder was braucht, sind sehr klein. Seit mein Sohn kein kleiner Pupser mehr ist, ist nachts Zeit für mich. Aber natürlich bezahle ich mit Müdigkeit.
Ich war schon immer ein Spätmensch. 5 Jahre als Mutter gegen meine innere Zeiteinstellung zu leben, war wirklich hart. Aber jetzt sind meine Lieben nachts am schlafen, versorgt, sicher und erholen sich. Nachts läuft nur der Kater rum.
Ich liebe es vor mich hinzudenken, noch was zu lesen, Twitter usw. Erst letztes Jahr wurde mir richtig klar, dass ich es so genieße, dass nachts alles so still ist.
Eine verantwortungslose Zeit. Erwartungsfrei wenn ich nicht am nächsten Tag arbeiten muss. Nachts kann ich Ich sein. Keine Rücksichtnahme nötig, keine Leistungen zu erbringen, keine Termine einzuhalten, nicht gepflegt und gut aussehen sollen, keine Probleme zu lösen und kein Mitdenken mitzudenken. Und wenn ich keine Böcke mehr habe, schlafe ich eben vielleicht doch ein.
Freiheit! Kein Zeitstrahl an dem alles abläuft, mehr ein Nebel aus Zeit, Möglichkeiten und Träumen.
Jetzt muss ich nur (einen Teil) meiner Tage zur Nacht machen. (Damit ich nachts Zeit zum Schlafen habe.)

Einer der großen Vorteile wenn man auf dem Arbeitsweg eine Straßenbahn in die Fresse bekommt ist, dass die Berufsgenossenschaften (BG) als Versicherungsträger zuständig sind. Ja, da ist man wer! Besser als Privatpatient sein! Man hat eine Fallbetreuerin, es kann mehr und anders abgerechnet werden und insgesamt geht es doch fürsorglicher zu, als bei den Rentenversicherungsträgern.
Wenn man nun also zur Reha fährt, reiben die sich dort schon die Hände, da einfach viel mehr Kohle fließt.
Ich bekam 2 Vorschläge und zapfte meine Quellen an. Eine Klinik war gleich vom Tisch. Mehrere Berichte von Schmerzpatienten aus meiner ehemaligen Schmerzgruppe rieten mir dringend davon ab. Manch einer wäre schon mit psychotischen Schüben heimgekehrt.
Die andere Klinik hatte überall ein hübsches „Miteinander reden“ stehen. Ist ja erstmal gut. In den Bewertungen war der übliche Mix aus Essensbemeckerern, Sportverweigerern und Zufriedenen zu finden. Öfter mal ein Lob für den Patientenchor und dessen Leitung aber auch gelegentlich heftige Vorwürfe gegen die psychologische Betreuung.
Nun gut, insgesamt erschien es ok auch im Vergleich mit anderen Klinikbewertungen.
Bei den Konzepten stand unter anderem die Gruppentherapie (welche eigentlich eine kostenoptimierte Behandlungsform ist, nach dem Motto „lass die sich mal ausquatschen und voll heulen! Patienten helfen Patienten, da brauchen wir weniger Personal) und dass man sich mit Schmerzpatienten auskennen würde.
Da ich nun schon 2 Jahre in einer Schmerzpatientengruppe gewesen war und alle Vorteile abgefasst hatte, wollte ich nicht mehr in eine solche Gruppe. Inzwischen fand ich diese Gruppentherapien grässlich. Ich hatte keine Böcke mehr, mir die wirklich traumatischen Erfahrungen anderer zusätzlich zu meinem eigenen Shit, anzutun. Ich bin schon ein sehr mitfühlender Mensch und immer bestrebt zu helfen, daher zieht mich anderer Leid und das immer wieder Erzählen der eigenen Story sehr runter. Ich redete mit meinem Arzt, der schrieb in die Rehaunterlagen, dass ich kein Fall für eine Gruppe bin und man mich damit nicht „retraumatisieren“ solle! So vorbereitet und mit dem „Miteinander Reden“ vor dem inneren Auge fuhr ich guten Mutes zur Reha.
Natürlich liest keine Sau den 5seitigen Fragebogen über alles und jedes. Man quält sich durch Fragen wie: „Haben Sie abgetrieben?“, „Wurden Sie als Kind misshandelt?“ oder „wie oft haben Sie Stuhlgang?“. Ein Traum!
Bei Ankunft darf man für den Psychologen gleich nochmal einen fast identischen Bogen ausfüllen. Es machte nichts, dass ich fast überall schrieb: „siehe Bogen 1, dort ausführlich.“ Es las ja eh keiner! Sowas ist respektlos und ignorant. Es entsteht gleich so ein Ungleichgewicht in der Kommunikation. Bringt das diesen Leuten keiner mehr bei oder sind die alle vergesslich oder blöd?
Genervt aber noch mit Eifer dabei, dachte ich noch, dass die das alles nur wissen wollen, um individuell auf mein Thema eingehen zu können.
Falls sich wer fragt, wozu der ganze Scheiß; tja daraus wird der Abschlussbericht zusammen kopiert.
Nach Ankunft hatte ich meine Aufnahmegespräche u.a. mit einen Psychologen, dem Bezugspsychologen.
OMG! Er hatte gerade vor 3 Wochen dort angefangen und machte den Eindruck, dass der Tag an dem er aus dem Ei geschlüpft war, auch nicht weiter zurück lag. Offensichtlich hatte ich mich in den 6 Jahren seit dem Unfall wesentlich intensiver mit der Thematik „chronischer Schmerz“ auseinander gesetzt, hatte Studien gelesen, mit anderen Betroffenen gesprochen, jede Menge Medikamente selbst ausprobiert und fast alle Ärzte (und ihre Ansichten) der Schmerzambulanz eines Krankenhauses kennen gelernt!
Blabla und trallala alle Fragen von vorn. Ich gleich mal angedeutet, dass ich keine Gruppe mache.
Oha, damit hatte ich mich als Störfaktor qualifiziert. Natürlich hatte er auch keine der Begleitunterlagen meiner mich sonst behandelnden Spezialisten gelesen.
„Sie wollen nicht in ihre Bezugsgruppe?“
„Nein! Warum und welche Auswirkungen das hätte, steht ja auch in meinen Unterlagen.“
„Sie müssen da aber rein!“
„Nein.“
„Das ist hier aber unser Konzept!“
…Staunen …
„Unser Konzept sieht das so vor und sie werden schon sehen, wie das ist!“
„Ich weiß wie das ist! Ich war bereits 2 Jahre in einer speziell auf Schmerzpatienten zugeschnittenen Gruppe bei einem Traumatherapeuten! Ich habe all die Vorteile erfahren, aber jetzt bringt mich das nicht weiter. Ich muss in die Zukunft schauen und brauche positiven Input, nicht mehr Gruselerlebnisse anderer!“
„Das geht aber nicht anders, sie machen da mit!“
„Ok, wenn Sie also nicht davon abzubringen sind, dann werde ich jetzt meine Fallbetreuerin bei der BG anrufen und ihr mitteilen, dass man hier nicht in der Lage ist, auf meine individuellen Bedürfnisse einzugehen. Mir ist es nicht möglich, die Reha so anzutreten. Gut, dass ich noch nicht ausgepackt habe!“
„Ach sie sind BG- Patientin?! Vielleicht reden sie morgen nochmal mit dem Oberarzt darüber.“
O.o Mir fiel fast die Kinnlade runter.
Nächsten Tag beim Oberarzt, der sich auch alles erzählen ließ, sich aber nach meinem „ließt denn hier gar keiner die Anamnesebögen“ dafür entschuldigte:
„Sie wollen keine Gruppe?“
„Nein. Weil … etc.pp.“
„Ok.“
Ja, das ging nur, weil die Klinik sonst um 10.000 € weniger bei der BG hätte abrechnen können.
Ich durfte auch über Ostern eine „Heimübernachtung“ haben, also zu Hause schlafen. Aus sozialen Gründen, da ich ein Kind habe. Aber auch da hieß es zuerst, dass geht gar nicht.
„Naja, sie sind ja BG-Patientin. Da haben sie ja nochmal Glück gehabt.“

Ich frage mich wirklich, welches Menschenbild die Verantwortlichen dort teilweise haben. Ich habe also Glück, wenn ich innerhalb von 4 Wochen mal eine Nacht bei meiner Familie sein darf.
Ich habe gelernt für mich zu kämpfen und mir Bullshit nicht bieten zu lassen. Aber es gibt viele Menschen, die das nicht können und daran zerbrechen.
Nicht umsonst waren im 3-Stöckigen Atrium der RehaKlinik jeweils in Etagenhöhe Fangnetze aufgespannt.

Da hat sich mein Hirn was ausgedacht! Sobald ein wichtiger Termin ansteht geht’s los. Manchmal ist es auch nichts Wichtiges sondern nur was Neues, Ungewohntes oder mehrere Termine am selben Tag (so ab 3 Terminen geht’s zur Sache).
Mein Hirn schaltet auch Fight and Run. Und natürlich wird’s schlimmer, je näher die Sache rückt. Es baut sich eine riesige Bugwelle auf, ein Tsunami der alles überrollt und mich manchmal paralysiert, völlig aufgelöst und voller Schmerz zurück läßt.
Es kann sich dabei um eine nette Verabredung mit Freunden handeln oder einen wichtigen Arzttermin oder den Start einer Reise oder, wie im Moment um den ersten Montag (8.9.) mit Arbeitsbelastungserprobung (ABE) nach über einem Jahr Krankschreibung.
Alles ist da möglich. Ich habe da keinen bewussten Anteil an der Auswahl.
Meist geht es 2 Wochen vorher los, aber auch plötzlich und heftig ist möglich. Oft schleicht sich anfangs ein Lidzucken ein. Nervig dieser Tick aber unproblematisch. Bei mir haben sich noch weitere Muskeln entschlossen, da mitzumachen. Am Schulterblatt und am Oberarm wird auch gezuckt, mit dem Unterschied, dass es dort zusätzlich schmerzt.
Dann kommt der Herzschlag aus dem Tackt. Herzrasen und Gestolper, ein Gefühl wie „my heart is missing a beat“!
Um so näher die Sache rückt, um so häufiger merke ich, dass sich meine Gedanken nur darum drehen, beim Fernsehen, Lesen, Autofahren, auf dem Klo, eben überall. Übelkeit kommt auch dazu, oft bis zum Erbrechen!
Ein irrer Stress, der den Tinnitus triggert und Gedankenchaos verzapft. Hautjucken, Handschwitzen, Pickel, Weinkrämpfe, kalte Füße, zitternde Hände, Hilflosigkeit und gnadenlose Erschöpfung führen zu etwas, was ich überhaupt nicht gebrauchen kann: mehr Schmerz!
Und dann kommt mir ein Arzt mit Entspannungsübungen! Na gut, er/sie hat ja Recht. In einem frühen Stadium, so beim Lidzucken kann das noch helfen. Eine beruhigte Atmung kann schon sehr nützlich sein.
2 geführte Meditationen haben sich als besonders segensreich bewährt. iPhone sei Dank habe ich sie immer dabei. Die Übungen „Gepäck ablegen“ und „Wohlfühlort“ bringens!
Das Phone ist eine gute Hilfe. Termine dort eintragen und zumindest das ständige Denken ans Terminverpassen ist raus aus meinem Hirn, ausgelagert, weg!
Was hilft noch? Der Kater! Katerkraulen relaxt ungemein. Reine Magie so ein Vieh! Schon die Betrachtung, wie er meine Nähe sucht, sich auf den Rücken packt, den Bauch hochreckt und sich’s bedingungslos gut gehen läßt, besänftigt mein Hirn. Diese Weichheit und Wärme sendet wohlige Wellen in meine zuckenden Muskelfasern. Er ist wie eine Rettungsleine, die mich ins Hier-und-Jetzt zurück bringt.
Das gehört zu den Ablenkungen, die nicht anstrengen, möglichst die Hände involvieren und zu entspannter Konzentration führen.
Das alles kann auch Solitärspielen leisten. Ich sortiere mit den Händen und mein Hirn wird nach und nach immer mehr auf das Spiel gelenkt. Es sortiert sich, ist aber nicht zu anstrengend, kein Geknobel und kaum frustrierend. Fast jede Partie ist ein Erfolg. Und so sieht man mich in Wartezimmern, Bahnhöfen, Krankenhäusern, zu Hause und eigentlich überall Solitär spielen. Um so mehr ich die Karten ordne, um so mehr ordnet sich mein Geist.
Sudoku geht auch, aber da darf es weder zu leicht noch zu schwierig sein. Sonst schlägt es ins Gegenteil um und macht alles viel schlimmer. Ich krampfe mich dann fest. Auch Kacke!
Handarbeiten haben manchmal auch diesen Solitär-Effekt. Kreuzstich oder Stricken. So mancher Schal und viele kreuzstichgestickte Glückwunschkarten haben ihren Ursprung in Panik. Hier kommt noch dazu, dass ich anderen mit den Ergebnissen eine Freude machen kann. Keine „nutzlos verschwendete“ Zeit, was ja nach meiner Erziehung der Erbsünde gleichkäme. Leider bekomme ich seit ca. 2 Jahren Gelenkschmerzen davon, darf es also nicht übertreiben.
Ach ja, und natürlich Twitter! Auch hier kommt alles zusammen, was mir dann gut tut. Vor allem habe ich durch Twitter eine Nähe zu Menschen/Fremden, ohne körperliche Nähe! Ich kann einfach in meinem geschützten Kokon bleiben, muss mich nicht dem „Draussen“ aussetzen und habe trotzdem Kontakt, mit meinem Geist. Ich tauche ein in den Strom der Gedanken, Gefühle und Katzenbilder, steuere etwas bei oder nicht und erhalte hier und da Zuspruch in Form einen Tweets oder Sterns. Das hilft nicht nur gegen Panik, das hilf bei mir auch gegen meine Depression!
DANKE an Euch alle, die Ihr twittert.

Ich habe ein neues Spielzeug!
Da ich in meinem Leben neben 2 Elternhäusern in Berlin und Jena bereits 5 Wohnungen bewohnt habe, interessiere ich mich sehr für Raumgestaltung.
Seit November 2012 bewohne ich mit meinen Lieben unsere eigene Wohnung, was mein Interesse neu aufblühen ließ. Es gibt immer noch einiges, was nicht fertig oder nicht so ist, wie ich mir das vorstelle.
Die mir angebotene App „Houzz“ kam da gerade recht! Die App wirbt mit der größten Datenbank an Bildern weltweit realisierter Bau- und Inneneinrichtungsprojekte. Super! Klar, dass es auch hier um den Verkauf von den auf den Bildern zu sehenden Einrichtungs-, Beleuchtungs- und Dekoobjekten geht, nicht zu vergessen auch Wandfarben und Gartenmöbel.
Die App läuft gut, ist selbsterklärend aufgebaut und enthält wahrlich viele viele Bilder.
Ich blättere so durch und habe erstmal einige amerikanische Projekte vor mir. Die unterscheiden sich ja häufig von europäischen Designs, durch den enormen Platz der hier oft zur Verfügung steht.
Platz! Für mich mit 175cm Körpergröße und von nicht gerade sehr zierlicher Statur, ist Platz und Weitläufigkeit einfach etwas Tolles. Ich mag auch gemütliche Ecken, aber nichts zu plüschiges und eben Großzügigkeit.
Ich scrolle und scrolle und mir fällt auf, es ist alles zuviel!
Zuviel Lampen, Horden kleiner Tischchen, Schwärme von gepolsterten Hockerchen, auf die sich niemand jemals setzten würde, rudelweise Dekoobjekte, Vasen und Zeugs! Kaum ein Bild von einem Raum, aus dem ich nicht mindestens 3 Teile entfernen würde!
Wohnzimmer/Kaminzimmer haben neben einem oft opulenten Sofa noch 2 Sessel, 2 Polsterhocker, 1 Couchtisch mit obligatorischen Stapeln großformatiger Coffeetable Books und X Beistelltischchen für Bilderrahmen, Vasen und Lampen. Lampen! Nicht nur hängen sie von den Decken, zusätzlich stehen sie meist zu Zweit auf Kaminsimsen, dazu Wandlampen und Stehlampen. Praktisch hat jede Sitzgelegenheit ein Beistelltischchen, einen Hocker und eine Stehlampe. So ein Overkill!
Bei meinen Entscheidungen für ein Teil folgt oft die Form der Funktion. Bildet sich ein Schuhhaufen im Flur wird wohl ein Schuhschrank/Regal benötigt. Bildet sich ein Zeitschriftenstapel neben meinem Bett, muss ich entweder mal endlich ausmisten oder mir hier was überlegen. Ich hasse es förmlich, wenn funktionsloser ArtyFartyKram den freien Raum zumüllt!
Die Raumfarben sind oft sehr geschmackvoll gewählt, offensichtlich ist auch viel Geld im Spiel und dann „Bähm“, mitten rein 3 Lampen, die jeden Blickkontakt verhindern oder noch ein Kommödchen, aber so platziert, dass der Durchgang zum Nebenraum fast versperrt ist. Wie oft da schon im Alltag jemand versehentlich seine Schienbeine rangeknallt hat, möchte ich lieber nicht wissen!
Auch in den Bädern das selbe Bild. Ein klassisch nüchterner Raum muss es ja nicht sein. Mancher mag ein Bad im Boudoirstil lieber. Wenn ich aber vor dem Waschbecken stehe und mich aus Dekogründen nicht richtig im Spiegel sehen kann, tut mir das schon fast weh.
Als mir vor Jahren mal eine Kollegin gestand, mit ihrer Osterdeko im Rückstand zu sein und es nicht geschafft zu haben, im Wechsel der Jahreszeiten ihre Deko umgestellt zu haben, trafen Welten aufeinander. Mir war bis dahin nicht klar, dass es tatsächlich Menschen gibt, die so etwas tun.
Bis auf einen Adventskranz (auf den mein Mann besteht) gibt es keine saisonale Deko. Sieht bei anderen toll aus. Mich stört es, da meist jede Funktion fehlt. (Jaja, darüber ließe sich vortrefflich streiten!)
Ich habe ja auch meine Dekoecken. Ich mag versilberte Schalen und Dosen oder schöne Holz-, Lack- oder Steinkästchen. Ich habe viel Schmuck und der muss auch irgendwo aufbewahrt werden. Aber „Nur-Staubsammler“ gibt es bei mir kaum.
Ach ja, eine wichtige Sache fehlt auf fast allen Bildern. Menschen! Und Haustiere.
Die lassen Kram rum liegen, leere Gläser und Tassen auf dem Couchtisch stehen, Chaos hier und Schnulli da, komplettiert mit wehenden Tierhaarflusen. Selbst ein großzügig gestalteter Raum wirkt schnell unruhig und möhlig. Und natürlich braucht man mindestens 2 Haushälterinnen um die ganze Pracht immer funkeln zu lassen. Oft ist die Raumgestaltung geradezu benutzerabweisend.
Woher nun nur dieses Bedürfnis horrende Summen für soviel überflüssigen Kram auszugeben. Ist es ein Statusding, dass so viele gigantische Sofakissen rumliegen müssen, bis sich keiner mehr bequem setzen kann? Ist es sowas wie ein Bärenfell, das zeigt, was ich für ein toller Jäger bin, wie ich alle beschütze und versorge, die mir wichtig sind? Oder gibt es den Menschen Sicherheit, um so mehr sie in ihren Bau schleppen, um so unangreifbarer und geborgener fühlen sie sich? Ich weiß es nicht.
Ich liebe freie Flächen. Oder Einbauschränke, die all das Zeug verschwinden lassen und ein Raumgefühl, welches Ruhe, Ordnung und eine friedvolle Stimmung bringt. Welches meine Gedanken und meinen Körper entspannen läßt.
Ich liebe Sofas mit bequemer Rückenlehne, auf denen mindestens 2 Erwachsene zusammen ihre Lieblingsserien schauen können oder große Griffe an allen Küchenschubladen, da wir alle große Hände haben und ich nicht an fipsigen Griffelchen mit fettigen Fingern rumfummeln will. Mehr Mut zu weniger!
So, erstmal Papiermüll raus bringen!

Demon Brunch

I took my demon out to lunch

He didn’t eat much at the brunch

No toast, no juice, no benedict

No waffles, nor meats nor omelets

No fruit, or jam or cheese fondue

Is there something you’d prefer to chew?

No thanks, he said, I’ll feed on you.

„Lächel doch mal!“ ist eine der Aufforderungen, die mich wütender machen, als Gepöbel in der U-Bahn, weil ich mit Sonnenbrille da rum laufe!
Sollte man nicht meinen, zumal das Gepöbel recht häufig ist.
Ich stehe noch etwas bedappelt in der U-Bahn und die grelle Beleuchtung sengt mir unter leisem Zischeln die Hirnwindungen weg. Eigentlich will ich für mich sein und Menschen machen Übelkeit. Und dann hat so eine besserwisserischer Vollpfosten seinen Auftritt: „na Madam, wir sind wohl was Besseres?! Ehj Püppi, hier ist keine Sonne sondern die U-Bahn… Blabla…sieht Scheiße aus! Haha! Blabla… eingebildete Tussi!“ usw.
Das ist natürlich übergriffig, dämlich, selbst arrogant und noch soviel mehr falsch als ich das hier aufzählen kann! Aber, ob der Geradlinigkeit der Botschaft (Ich bin doof und arrogant) kann ich auch ganz gradlinig zurück schießen! „Fresse Alter! Ich bin Schmerzpatientin, da muß das so! Schieb ab!“ Mittelfingergeste optional.
Nicht immer gelingt mir das so. Da es aber genug Männer gibt, bisher jedenfalls haben nur Herren das Bedürfnis gehabt, mich über meine doofe und arrogante Art zu belehren, gibt es immer wieder Übungsmöglichkeiten.
Warum regt mich nun ein vergleichsweise harmloses „Lächel doch mal!“, oft noch mit einem „Schau nicht so erst!“, so auf?
Es zeigt mir, dass ich nicht den Erwartungen anderer entspreche. Ich passe nicht in Bild. Ich bin falsch und damit eine Zumutung für andere.
Das blöde ist, ich hab’s ja versucht! Ich würde nur zu gerne Lächeln! Ich bin so erzogen und würde wirklich wirklich gerne jeden Mitmenschen anstrahlen!
An vielen Tagen tut mir mein Gesicht aber so weh, dass Lächeln nur unter Schmerzen geht. Und ich will doch gar nicht so ernst oder unfreundlich rüber kommen! Und was soll ich nur auf diese Aufforderung antworten? Eigentlich passt ein Lächeln, aber das geht eben nicht. Lange Ausführungen gehen auch nicht, will vermutlich auch keiner hören. Ein frisches „Fresse Alter!“ wäre zu hart und würde sehr aggressiv rüber kommen. Muss ja nicht sein und ich will ja auch keine Haue bekommen. Weiter thematisieren will ich’s auch nicht, mein fehlendes Lächeln.
Mein halbwegs entspanntes Schmerzgesicht sieht also erst aus. So soll es sein! Wenn ich sage, „geht nicht“ oder Ähnliches, kommt oft „Ich meine es doch bloß gut!“
Oh ja, genau! Man möge sich doch dieses ganze „Gutmeinen“ hochkant in den Hintern schieben! Will ich nicht! Könnta alle steckn lassn!
Daher habe ich nun beschlossen, mit einem fröhlichen „Fick Dich doch mal!“ der Situation mit etwas Würze zu einem schnellen Ende zu verhelfen.
Ja, ich bin eine sonnenbebrillte Schmerzpatientin, schaue oft ernst und bin nicht immer nett!

Lion
They took his heart
the zombies did
ate it whole
so they could live
and now he walks
he talks to me
without his heart
did his pulse beat?
his brain was mixed
and scrambled most
without his heart
he is a ghost.

In der Rehaklinik werden ca. 350 Leute betreut. Ein kleiner Teil davon sind Schmerzpatienten. Einige noch ganz am Anfang, dankbar über jeden Austausch mit anderen Schmerzpatienten, jede Information & bereit alles zu probieren, was irgendwie Hilfe verspricht. Auch hier ist von schlicht bis intellektuell kompliziert alles vertreten.
Auf der anderen Seite sind Menschen, die leiden schon sehr lange. Eine Patientin hat nach einem Sturz seit 43 Jahren immer Schmerzen. Sie erträgt Berührungen kaum, sie ist dick von den Medikamenten & der so lange eingeschränkten Beweglichkeit. Sie ist nicht gesprächig, aber lieb und mitteilsam, wenn man den richtigen Ton trifft. Sie wird zu Hause durch einen guten Traumatherapeuten betreut, der sie seit Jahren in ihrem Lebenskampf unterstützt.
Mein Unfall war am 08.02.08. Seit diesem Tag habe ich nur dann keine Schmerzen, wenn ich in Vollnarkose auf einem OP-Tisch liege. Die Skala geht bei „so ein entzündliches Buckern im Hintergrund“ los & hört auf bei „entmenschtes zuckendes Fleisch“, ein Schmerz so heiß & weiß, er löscht meine Persönlichkeit aus, er raubt mir die Stimme und allen Mut! Nur Morphintropfen helfen dann noch.
Der mich nach 2OPs am Gleichgewichtsorgan, gegen den starken Drehschwindel (der ist fast weg), immer öfter begleitende Tinnitus, ständige Schulterschmerzen (Impingementsydrom) und ein Ödem im Handgelenk sind nur einige weniger spektakuläre Begleiterkrankungen aber trotzdem richtig Kacke.
Ich habe 2x ca. 2 Wochen lang eine Infusionstherapie gegen Tinnitus gemacht (ohne Erfolg), ich habe 1 Woche Neurologie mit Hirnleistungstests geleistet usw. usf.!
Ich lese alles zum Thema Schmerz, ich habe 2 Jahre Gruppentherapie mit anderen Schmerzpatienten hinter mir. Ich habe nur damit aufgehört, weil ich das Leid anderer und ihren Kampf nicht mehr mit anhören konnte, ohne zu verzweifeln.
Ich habe inzwischen gute Ärzte und ebendiesen Traumatherapeuten und ich probierte jedes Medikament. (Nur die Sache mit dem Chillipflaster haben die Ärzte und ich uns dann doch nicht getraut, da es im Gesicht noch nie gemacht wurde.)
Aber auch mich treibt die Hoffnung, dass es etwas od. Jemanden gibt, der mir etwas für meinen Kampf an die Hand gibt.
So sitzen wir also da, alle 15 Schmerzies in der Veranstaltung „Schmerzbewältigung“. Der Raum hat an 3 Seiten bodentiefe Fenster, draußen scheint die Sonne. Für Depressive sicher super, für jeden Schmerzpatienten suboptimal. (Wer Migräne oder einen schweren Kater hat, weiß, wie sich grelles Licht anfühlen kann! Genau, schmerzhaft! )
Ich sitze da also mit Sonnenbrille, sehr cool, wie Lagerfeld.
Die Psychologin, die uns heute was zum Thema Schmerzbewältigung erzählen will, kommt zu spät. Alle hocken unbequem auf dem Gestühl und wünschen sich weg.
Natürlich ist meine Sonnenbrille gleich mal ein „ach, mit Sonnenbrille, haben sie vergessen, die abzunehmen?“ wert.
Ich bin das ja gewöhnt, da ich schon in der sehr grell beleuchteten Berliner U-Bahn dafür angepöbelt wurde und erkläre in kurzen ruhigen Sätzen, was es damit auf sich hat.
Trotzdem hatte sie mich nun zu ihrem Beispielpatienten erkoren. Ich sollte nun ihre Aussagen bestätigen.
Was ich nicht wußte, war, dass sie das schon mit einer anderen Patientin in der letzten Veranstaltung zum Thema Schmerzen, vor meiner Anreise, versucht hatte. Es war in Stress, Tränen, Beschimpfungen und Verzweiflung geendet.
Nun warteten die erfahrenen Teilnehmer, wie ich mich schlagen würde, zumal einige mich bei „Körperwahrnehmung“ schon erlebt hatten.
Es ging anfangs um Atmung & Entspannung. Nette Handouts wurden nicht etwa herum gegeben, sondern auf den Boden gelegt, so dass sich jeder bücken musste. Als Jemand alle aufhob und auf einen Stuhl legte, legte sie alle wieder auf den Boden. War es unbewusst oder Masche, egal. Diese Frau konnte Patienten nicht leiden. Das wurde mir hier klar.
Soweit so gut. Das Atmung und Entspannung zusammen hängen, weiß jede Mutter, die bei der Geburt gehechelt hat. Dabei handelt es sich jedoch um Akutschmerzen. Bei chron. Schmerzen kann man Hecheln wie man will, das hilft nichts.
All ihre Ausführungen kamen zugespitzt so rüber:
Sie bilden sich ihre Schmerzen auf Grund einer schweren psychischen Störung nur ein. Oder sie täuschen das nur vor, da sie keinen Bock auf Arbeit haben. Sie sind versessen auf Anerkennung und Zuwendung, die sie sich so verschaffen. Wenn sie richtig atmen würden, wäre der Schmerz eh weg. Aber sie wollen ja nicht! Also selbst Schuld!
Sicher hat sie das nicht genau so gesagt, aber für jeden im Raum war klar, die hält uns für bekloppt.
In meiner Vorstellung tauchten Bilder auf, wie ich um 3 Uhr Nachts ein Kantholz über ihren Schädel ziehe, mehrfach! Und dann frage ich, wie es mit dem Wegatmen so klappt.
Ich versagte folglich als Beispielpatientin und meinte, dass sie ihre Theorien ohne mich erklären müsste, da ich das was sie hier erzählt, nicht nachvollziehen oder bestätigen kann.
Mit inzwischen keifiger Stimme: „Nun, ich wollte ihnen ja nicht zu nahe treten. Bei ihnen ist ja einiges anders.“
Mir war zum heulen, aber ich blieb ruhig.
„Sie können mir doch gar nicht zu nahe treten! Sie kennen mich doch gar nicht. Ich kenne sie auch nicht. Da geht das doch gar nicht. Sie sind nur ganz schön laut!“
Dann kam der Brüller schlechthin. Begleitet von einem kleinen Fußaufstampfer:
„Ach, das ist ein Zeichen von Lebendigkeit!“

Da musste ich gehen. Die angesetzte Meditation hätte ich mit meinen immer schwerer zu beherrschenden Lachkrämpfen gestört. Die Hälfte der Leute verließ den Raum, wegen „kann nicht mehr sitzen…“ usw. Auf dem Gang fragte man sich nur 2 Fragen:
„Was war denn das?“ und „Hat die nen Schuß?“
90min. lang diese Psychotante zu ertragen war echt hart. Im Nachgang erfuhr ich, dass es immer so komisch bei der sei und ich mich vergleichsweise gut geschlagen hätte.
Aber:
Für so etwas geben die Kassen Geld aus. Viel Geld.
Da war mir meine orthopädische Reha nach dem Unfall lieber. Da wurde der Schmerz als gegeben akzeptiert. Da gab es keinen Rechtfertigungsdruck. Da wurde sich auf das Körperliche konzentriert und das Psychische etwas mitgemacht.
Hier wurde nun das Körperliche vernachlässigt und alles aus der Psyche hergeleitet. Beides ist zu einseitig, aber könnte ich wählen, wäre ich lieber bei den Ärzten & Therapeuten, die meine Schmerzen & körperlichen Befindlichkeiten ernst nehmen.
Meine Ärztin in der Reha war früher Anästisistin. Die hätte die Veranstaltung wunderbar hinbekommen. Das habe ich auch allen gesagt. Ob sie wollten oder nicht.